Deutschlandfunkbeitrag zu Hans Filbinger

In der Programmreihe „Kalenderblatt“ widmete sich der Deutschlandfunk am 17. Februar 2018 der Auseinandersetzung um die NS-Vergangenheit des ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Hans Filbinger. Dieser hatte bis 1945 als Marinerichter an Todesurteilen mitgewirkt, dies aber stets geleugnet. Am 17. Februar 1978 wurde er deshalb vom Dramatiker Rolf Hochhuth in einem Text als „furchtbarer Jurist“ bezeichnet. Der sich anschließende Rechtsstreit und die öffentliche Auseinandersetzung um diesen Satz, den auch Ingo Müller 1987 für sein Standwerk über „die unbewältigte Vergangenheit unserer Justiz“ titelgebend aufnahm, führte 1978 zu Filbingers Rücktritt. Bis zu seinem Tod 2007 hielt Filbinger an seinem – für die damalige Debatte um die Verantwortung nicht nur von Juristen im Nationalsozialismus leitsatzprägenden – Exkulpationsversuch fest: „Was damals rechtens war, kann heute nicht Unrecht sein!“

Sogar anläßlich des Staatsaktes zu Filbingers Tod im Freiburger Münster am 11. April 2007, spielte Baden-Württembergs Ministerpräsident, der heutige EU-Kommissar Günther Oettinger, die Verantwortung Filbingers im NS herunter. Unbeanstandet verlas er die Worte seines Redenschreibers Michael Grimminger, wonach Filbinger kein Nationalsozialist gewesen sei: „Er war ein Gegner des NS-Regimes. Allerdings konnte er sich den Zwängen des Regimes ebenso wenig entziehen wie Millionen andere.“ Diese nicht nur unter Historiker*innen auf starke Kritik stoßende Reinwaschung war 2007 Anlass für eine Intervention des Forums (Pressemitteilung vom 16.04.2007), die maßgeblich von Helmut Kramer initialisiert wurde. Zusammen mit dem Freiburger Historiker Wolfram Wette und weiteren Autor*innen hatte er im Jahr zuvor das Buch „Filbinger – eine deutsche Karriere“ publiziert.

Der Deutschlandfunk-Beitrag von Andreas Baum (4:40 min), der auch historische O-Töne aus den Rundfunkarchiven von Filbinger und Hochhuth sowie einen kurzen Kommentar von dem Strafrechtler Ingo Müller enthält, kann hier nachgehört bzw. -gelesen werden.