Richard-Schmid-Preis 2024

Das Forum Justizgeschichte verleiht den mit 3.000 Euro dotierten Richard-Schmid- Preis 2024 an

Dr. Katharina Stengel (Fritz-Bauer-Institut)

für ihr Werk

Die Überlebenden vor Gericht.
Auschwitz-Häftlinge als Zeugen in NS-Prozessen (1950 – 1976)“
,

das 2023 in der Reihe „Schriften des Dubnow-Instituts“ bei Vandenhoeck & Rubrecht erschienen ist.

Der Studie von Katharina Stengel zur Rolle von Auschwitz-Überlebenden in der Geschichte der westdeutschen NS-Strafverfolgung kommt in zweierlei Hinsicht Pioniercharakter zu: Erstens rückt sie die lange vernachlässigte Rolle der Opfer-Zeugen in den Vordergrund und zeigt auf, dass diese, trotz aller äußeren Zwänge und internen Spannungen, zum Teil über beachtliche Handlungsspielräume verfügten. Zweitens beschäftigt sich Stengels Arbeit mit zentralen transnationalen Opferorganisationen wie dem Internationalen Auschwitz-Komitee (IAK) und dem World Jewish Congress (WJC) und untersucht erstmals systematisch deren bedeutenden Beitrag zur strafrechtlichen Identifizierung und Überführung von Tätern des größten deutschen Vernichtungs- und Konzentrationslagers. Ein besonderer Verdienst der Studie liegt zudem darin, durch einen multiperspektivischen Blick und eine differenzierte zeitgeschichtliche Analyse einen neuen Zugang zu den Aussagen der Holocaust-Überlebenden in NS-Prozessen zu eröffnen. Dabei gelingt es Stengel in anschaulicher Weise, eine Geschichte von Menschen mit unterschiedlichen Interessen, vielschichtigen Biografien und Erfahrungen zu erzählen.

Der Preis wird im Rahmen der 26. Jahrestagung des Forum Justizgeschichte vom 27. bis 29. September 2024 in der Richterakademie in Wustrau verliehen werden.

Der Jury gehörten an: Dr. Sebastian Felz (Rheinbach), Dr. Claudia Fröhlich (Berlin), Dr. John Philipp Thurn (Berlin) und Prof. Dr. Annette Weinke (Jena).

Das Forum Justizgeschichte verleiht den „Richard-Schmid-Preis“ für herausragende Veröffentlichungen auf dem Gebiet der Juristischen Zeitgeschichte in diesem Jahr zum sechsten Mal.

Der Preis ist nach dem früheren Stuttgarter Generalstaatsanwalt und Präsidenten des Oberlandesgerichts Dr. jur. Richard Schmid (1899-1986) benannt. Schmid war seit den 1920er-Jahren als Anwalt in Stuttgart tätig. Nach 1933 verteidigte er verfolgte Mitglieder der verbotenen Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands und der Kommunistischen Partei Deutschlands. Im November 1938 wurde Schmid verhaftet und wegen Hochverrats vor dem Volksgerichtshof angeklagt. Er verbrachte die folgenden drei Jahre im Untersuchungsgefängnis, im Konzentrationslager und im Zuchthaus. Nach 1945 übte Schmid hohe Justizämter in Württemberg bzw. Württemberg-Baden aus. 1958 war er maßgeblich an der Gründung der Ludwigsburger Zentralen Stelle zur Verfolgung von NS-Verbrechen beteiligt. Schmid setzte sich intensiv publizistisch mit dem Wirken der Justiz in der Weimar Republik, in der Zeit des Nationalsozialismus und in der Bundesrepublik auseinander. Er war einer der schärfsten Kritiker des politischen Strafrechts und engagierte sich für das Recht auf freie Meinungsäußerung, beispielsweise 1961 vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 12, 113).

Nominiert waren 2024 in zufälliger Reihenfolge: